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1. Finanzielle Freiheit – was ist das überhaupt?

Du hast dich also entschieden, die Sache anzugehen und willst wissen, wie man finanziell frei wird. Oder du willst wissen, was ich dazu zu sagen habe; willst schauen, ob du vielleicht noch etwas dazu lernen kannst. Oder du bist nur neugierig, ob hinter dem blumigen Marketing-Geschwurbel auf meiner Startseite auch wirklich etwas steckt? Prima. Dann lass uns loslegen.

Die wohl wichtigste Frage zuerst: was ist finanzielle Freiheit überhaupt? Muss ich dafür Millionär sein? Wie lange brauche ich, um dieses Ziel zu erreichen? Kann ich das überhaupt schaffen, selbst wenn ich nicht als Superreicher geboren wurde oder kein so ambitionierter Unternehmer wie Elon Musk oder Mark Zuckerberg bin?

Die Antwort ist: das hängt ganz vom eigenen Lebensstil ab. Meine persönliche Definition von finanzieller Freiheit ist diese: finanziell frei ist man, wenn man so viel passives Einkommen hat, dass es die laufenden Ausgaben deckt. Dann muss man nicht mehr arbeiten um zu überleben und kann das klassische Hamsterrad des Geld Verdienens verlassen und seine Zeit anderen Dingen widmen. Die Betonung im letzten Satz liegt auf den beiden Wörtern „muss“ und „kann“. Wem die eigene Arbeit so viel Spaß macht, dass er sich kaum etwas schöneres vorstellen kann, der wird vermutlich selbst nach einem millionenschweren Lottogewinn nicht kündigen. Aber das Joch des „Müssens“ abzuschütteln, das war mein persönliches Ziel bei der Sache. Und ich könnte mir vorstellen, dass es noch mehr Menschen gibt, die das wollen. Euch allen ist dieser Blog gewidmet.

Es geht also nicht unbedingt darum, Millionär zu werden oder eine ganz bestimmte Zahl mit einer möglichst großen Anzahl von Nullen auf dem Konto anzuhäufen. Für viele geht es darum, endlich mal etwas zur Ruhe zu kommen. Raus aus dem Hamsterrad des Geld verdienen Müssens. Dazu zu kommen, in aller Ruhe das alte Segelboot zu restaurieren, das seit Jahren auf dem Hänger im Schuppen steht und schon so lange darauf wartet, endlich etwas frische Farbe und vor allem wieder azurblaues Meerwasser zu sehen. Oder drei Mal im Jahr ordentlich in Urlaub fahren zu können – anstatt ständig nur auf Balkonien rumzusitzen, weil die Kohle für etwas mehr fehlt.

Passives Einkommen und Unabhängigkeit

Was brauchen wir dafür? Der wohl wichtigste Aspekt ist passives Einkommen. Darunter versteht man üblicherweise den Ertrag aus Investments. Sobald ein rentables Investment aufgebaut ist, vermehrt sich das Geld ganz von selbst… — hmmm, moment mal. Wo ist der Haken? Investments kommen doch nicht von alleine. Wie passiv kann so ein Investment wirklich sein? Kann man das Ganze komplett ohne weiteren Zeitaufwand hinbekommen?

Nein. Natürlich wird man immer etwas Zeit brauchen, um diese Investments aufzubauen und später auch zu managen. Selbst wenn man schon genug davon hat und die alle gut laufen wird es Zeit kosten. Selbst dann, wenn man einen Verwalter für das Vermögen haben möchte. Dann braucht es Zeit um diesen Verwalter zu finden und zu beaufsichtigen. 100% passiv ist das alles nicht. Aber darum geht es auch nicht. Es geht vielmehr darum, den „unangenehmen“ Zeitaufwand zum verdienen des Unterhalts so weit zu reduzieren, dass man genug Zeit hat um das zu tun, was man eigentlich tun möchte.

Für mich war die finanzielle Freiheit schon immer ein Ziel, weil ich nicht mehr gezwungen sein wollte, immer und ewig zu arbeiten. Meine Arbeit hat mir überwiegend großen Spaß gemacht, aber die Rahmenbedingungen habe ich oft als einschränkend empfunden. Vor allem die Erwartung der Vorgesetzten, Auftraggeber oder Kunden, das, was man anbietet oder tut, morgen und übermorgen auch noch anbieten oder tun zu müssen. Wahre Unabhängigkeit kommt dann, wenn man nicht mehr tun muss sondern tun darf. Wenn man die Freiheit besitzt, sein eigenes Schicksal selbst bestimmen zu können. Für mich war finanzielle Freiheit schon immer eine Komponente davon, weil sie Abhängigkeiten nimmt.

Um diese Unabhängigkeit zu erreichen, sind drei Komponenten notwendig:

1. Kenne deinen Lebensstil.

Das erste, was man auf dem Weg zur finanziellen Freiheit tun sollte, ist Resümee ziehen. Ich habe damals, als ich begonnen habe, diesen Weg zu gehen, mir meine Kontoauszüge des letzten Jahres geschnappt und eine Excel-Tabelle aufgemacht. In die Spalten kamen Rubriken wie „Essen“, „Kleidung“, „Wohnung“, „Hobbies“, „Urlaub“ und „Luxus“ und in die Zeilen die einzelnen Positionen auf den Auszügen. Diese Zuordnung hat mir nicht nur gezeigt, wofür ich jeden Monat wie viel Geld ausgebe, sondern auch wie viel ich jeden Monat überhaupt ausgebe. Das ist die wohl wichtigste Kennzahl des eigenen Lebensstils: wie viel Geld brauche ich im Monat, um über die Runden zu kommen? Es kommt hier nicht auf die genaue Zahl an. Die Größenordnung, also wie viele Tausender und evtl. noch Hunderter, reicht völlig.

Warum ist das wichtig? Wir brauchen diese Zahl für zwei Dinge. Das erste ist die eigene Absicherung. Angenommen ich weiß, dass ich pro Monat, sagen wir mal, 2.500 Euro verbrauche. Dann weiß ich auch, dass ich – wenn es einmal hart auf hart kommen sollte – mit 10.000 Euro Ersparnissen etwa vier Monate durchhalte. Selbst wenn mich meine Freundin verlässt, der Chef mir kündigt und das Auto kaputt geht. Ich habe vier Monate Zeit, in denen ich problemlos die Miete zahlen und mir etwas zu essen kaufen kann. Wenn ich in der Zeit aus Dosen esse, keinen Urlaub mache und auf unnötigen Luxus verzichte, halte ich sogar einiges länger durch. Das reicht dicke aus, um in aller Ruhe Arbeitslosengeld zu beantragen, den Lebenslauf auf den neusten Stand zu bringen, mich um die Reparatur des Autos zu kümmern und die zerbrochene Beziehung zu kitten – oder, wenn es gar nicht anders geht, sie anderweitig zu verarbeiten und im schlimmsten Fall eine neue Freundin zu suchen. OK, letzteres kann auch mal länger dauern. Aber du wirst überleben. Und ich hoffe, du verstehst, was ich meine.

Es ist unglaublich wichtig, sich zuerst um die eigene Absicherung zu kümmern. Ein Betrag von eigener Lebensstil mal vier bis sechs Monate (für vorsichtigere Naturen gerne auch acht bis zwölf Monate) sollte als allererstes angespart und zurückgelegt werden, am besten aufbewahrt in einem inflationssicheren und möglichst risikoarmen Investment. Was das genau sein kann, behandeln wir im fünften Blog-Artikel dieser Grundlagen-Serie. Wenn du diese Absicherung hast, brauchst du dir keine Sorgen mehr zu machen, was wäre, wenn irgend etwas schief läuft. Nicht nur im Leben vor der finanziellen Freiheit sondern auch wenn du es „geschafft“ hast. Denn auch mit gut laufenden Investments im Rücken kann immer noch so einiges schief gehen.

Ich persönlich habe diese Absicherung zum Glück nie antasten müssen. Es gab ein oder zwei Situationen, da habe ich mit dem Gedanken gespielt. Das letze Mal war, als ich etwas Neues starten wollte und dafür ein laufendes Projekt aufgeben musste, von dem ich finanziell immer noch abhängig war. Im Jahr 2018 habe ich mit meiner Selbstständigkeit als Software-Architekt aufgehört um mich voll auf das Trading und den Aufbau dieses Blogs zu konzentrieren. Meine Investments waren damals noch nicht ganz so weit, dass ich meinen Lebensstil alleine davon hätte finanzieren können. Mit ein bis zwei Jahren länger arbeiten wäre ich auf Nummer Sicher gegangen. Aber ich hatte meine Rücklagen und die haben mir den nötigen Rückhalt gegeben, um den Sprung ins Ungewisse zu wagen und eine Zeit lang etwas mehr Risiko zu fahren. Und tatsächlich kam in dieser Zeit auch so immer wieder genügend Geld in die Kasse, dass ich meine Reserven nicht antasten musste. Aber ich weiß nicht, ob ich diesen Schritt ohne sie gewagt hätte.

Der zweite Grund, warum du deinen Lebensstil kennen solltest, ist noch einleuchtender als die Sache mit der Absicherung. Nur wenn ich meinen Lebensstil kenne und ihn auch mit einer Geldsumme beziffern kann, dann weiß ich, wie viel passives Einkommen ich brauche, um endlich los zu kommen vom „Müssen“. Daraus berechnet sich dann alles andere, wie wir später noch sehen werden.

Und auch diese Zahlen können flexibel sein. Durch die Kategorisierung meiner Ausgaben kann ich sehen, ob in bestimmten Bereichen Spielraum ist. Ich kann z. B. früher finanziell frei sein, wenn ich bereit bin, Luxusausgaben zu senken oder auf Urlaube zu verzichten. Also durch Runterfahren des Lebensstils. Ich kann auch früher finanziell frei sein, wenn ich es schaffe, das passive Einkommen zu erhöhen, also die Rendite meiner Investments hochfahre. Wichtig ist nur, dass ich meinen monatlichen Lebensstil und mein monatliches passives Einkommen gegenüberstelle und im Auge behalte.

Also, erster Schritt: werde dir deines Lebensstils bewusst. Schreibe deine monatlichen Einnahmen und Ausgaben so lange mit, bis du ein Gefühl dafür bekommst. Damit du weißt, wie viel du verbrauchst. Bei mir hat es völlig gereicht, die Kontoauszüge der letzten ein bis zwei Jahre durchzugehen und etwa ein halbes Jahr Buch zu führen bis sich dieses Gefühl eingestellt hat. Eine Tabelle mit den oben erwähnten Kategorien ist in nicht mal fünf Minuten erstellt und das Ausfüllen braucht nur ein paar Minuten die Woche. Also bevor du weiter liest, nimm dir am besten gleich diese wenigen Minuten Zeit um den Grundstein deiner neuen finanziellen Freiheit zu legen: erstelle besagte Tabelle und fülle sie mit den ersten zwei, drei Einträgen.

Wenn dir das Nachtragen der Kontoauszüge aus dem letzten halben Jahr zu umfangreich erscheint, dann mach es stückweise. Investiere jeden Abend fünf bis zehn Minuten für eine Handvoll Einträge und ich wette, in ein paar Wochen bist du damit durch. Oder du lässt die Vergangenheit ruhen und konzentrierst dich komplett auf die Zukunft, sprich auf das Eintragen neuer Zahlen. Dann dauert es vielleicht etwas länger bis sich das oben erwähnte Bauchgefühl einstellt, aber das funktioniert auch.

2. Sei bereit, ein neues, langfristiges Ziel einzugehen.

Der Weg zur finanziellen Freiheit muss nicht unbedingt super hart und steinig sein. Aber meistens ist er länger als man zunächst glaubt. Es mag sicher Fälle geben, in denen Leute über Nacht reich geworden sind. Zum Beispiel durch einen Lottogewinn. Allerdings sind, Statistiken zufolge, die meisten dieser Leute eine verhältnismäßig kurze Zeit, meist wenige Jahre später, wieder auf einem ähnlichen finanziellen Niveau wie vorher. Und es gibt auch die spektakulären Stories von Prominenten wie Ingrid Steeger oder Roberto Blanco, die zu ihren besten Zeiten mehrfache Millionäre waren und Jahre später kam plötzlich eine Meldung in der Bild, dass Privatinsolvenz angemeldet werden musste. Boris Becker, der ehemalige Tennis-Star und Wimbledon-Gewinner wurde 2017 für zahlungsunfähig erklärt. Selbst Michael Jackson hatte Jahre lang Schwierigkeiten, den Unterhalt seiner Neverland-Ranch zu finanzieren. Es gehört mehr dazu, Geld zu bekommen. Man muss es auch halten können.

Ich möchte dich mit diesen Geschichten nicht demotivieren. Es gibt mehr als genug Millionäre, die Millionäre bleiben. Langfristig. Dem Ziel „finanzielle Freiheit“ muss man nur etwas Zeit geben. Man sollte sich bewusst machen, dass es locker zehn bis zwanzig Jahre dauern kann, bis es erreicht ist. Das nötige Wissen zum Halten und angemessenen „Fließen lassen“ des Geldes will aufgebaut und gelernt werden. Es wird Fehler geben, die gemacht werden wollen und Geld kosten. Es wird Rückschläge geben, die Motivation kosten und ein Wieder-Aufstehen erfordern. Bei mir waren es ziemlich genau 25 Jahre, die ich vom ersten Geld verdienen an gebraucht habe, um auf ein Niveau zu kommen, dass ich sagen kann: jetzt habe ich es „geschafft“. Und aktuell investiere ich immer noch einige Stunden pro Woche zum Erhalt und weiteren Ausbau meiner Investments. Und ich will auch weiter Zeit investieren, um diese einige Stunden pro Woche auf wenige Stunden im Monat zu reduzieren.

3. Der Weg ist das Ziel.

Die einen oder anderen von euch kennen das vielleicht schon. Man setzt sich ein Ziel und arbeitet mit Feuereifer darauf hin. Das Ziel geht schließlich in Erfüllung und dieses „Geschafft“-Ereignis erzeugt ein Hochgefühl. Nur leider ist es dabei oft ähnlich wie beim Shopping: das Hochgefühl ist nur von relativ kurzer Dauer. Schon in den nächsten Tagen ist es verflogen. Und wenn ich das gleiche kurzfristige Hochgefühl öfters hintereinander genossen habe, dann hält es auch noch weniger und weniger lang an. Irgendwie gewöhnt man sich daran.

Insbesondere bei langfristigen Zielen kommt noch dazu, dass der Weg zu einem solchen Ziel viel, viel länger ist als das Hochgefühl nach dem Erreichen des Ziels anhält. Vorfreude auf das Erreichen des Ziels kann weiterhelfen, reicht aber oft nicht aus um langfristig motiviert zu bleiben. Die beste Möglichkeit, die ich so weit gefunden habe, um dauerhaft motiviert zu bleiben, ist diese: lerne, den Weg zum Ziel zu lieben und zu genießen. Das Ziel zu erreichen und auch das damit verbundene Gefühl zu genießen ist wichtig. Aber noch wichtiger ist es, den Weg zum Ziel an sich zu genießen. Dann ist es auch oft egal, wie lange es wirklich dauert. Bei einem Ziel, das realistisch erst in 10 Jahren erreichbar ist, kann es auch problemlos 12, 15 oder noch mehr Jahre dauern, wenn der Weg so viel Freude bereitet, dass man gerne dabei bleibt.

Dabei hilft es ungemein, sich die kleinen Erfolge bewusst zu machen, die man auf diesem Weg erlebt. Sich bewusst über einzelne Kleinigkeiten zu freuen braucht anfangs etwas Übung. Erzeugen doch die „großen Erfolge“ und die abgearbeiteten Meilensteine so viel mehr Glückshormone als die kleinen Dinge. Doch mit der Zeit klappt das ganz gut und hilft ungemein, sich bei der Stange zu halten.

Das beste Beispiel hier ist die Aktienanlage. Ich habe zu Anfang meiner Karriere eine ganze Weile mit einem guten Freund zusammen versucht, Geld mit Aktien zu vermehren. Dabei waren wir immer auf der Suche nach dem einen großen Super-Deal, der uns über Nacht reich machen würde. Wir hatten auch einige richtig schöne Erfolge dabei, Anstiege von mehreren zehn Prozent in wenigen Tagen. Aber gemessen am großen Ziel, nämlich Millionäre zu werden, hat uns das nicht sichtbar weiter gebracht. Insgesamt waren also selbst die schönsten Erfolge eher frustrierend und wir jagten weiter, immer in der Hoffnung, den Super-Deal morgen zu machen. Wirklich funktioniert hat das nie. Das Grundprinzip ist einfach ein anderes.

Inzwischen habe ich ein gut funktionierendes System zur Investition in Aktien. Es wirft eine durchschnittliche langfristige Rendite von ca. 8-10% pro Jahr ab, womit ich in der heutigen Zeit extrem zufrieden bin. Darauf aufbauend habe ich es geschafft, ein zweites System zu erstellen, das mehr als 20% pro Jahr an Rendite macht. Aber der Weg dahin war lang und bestand aus vielen kleinen Schritten. Heute versuche ich beim Trading immer wieder, mich auch über die kleinen Erfolge zu freuen. Wenn ich eine bestimmte Aktie besonders mag und sie steigt nach dem Kauf tatsächlich an, dann schaue ich mir gerne bewusst den Chart an, rechne kurz den Gewinn aus, den ich machen würde, wenn ich jetzt verkaufen würde, und freue mich darüber. Dass ich jetzt gar nicht verkaufen darf, weil ich damit gegen die Regeln meines Systems verstoßen würde, spielt dabei keine Rolle. Ich freue mich über den kleinen Gewinn, weil ich weiß, dass viele kleine Gewinne mich in Summe voran bringen. Dadurch programmiert man sozusagen sein Gehirn systematisch auf den Erfolg.

Ein weiterer Aspekt, den man beachten sollte, wenn man ein langfristiges Ziel erreichen will, sind Hindernisse und Fehlschläge. Auf jedem längeren Weg wird es welche davon geben und es ist wichtig, sich davon nicht auf Dauer die Motivation töten zu lassen. Oft machen diese Fehlschläge Angst und wenn man eine bestimmte Art von Hindernis mehrfach erlebt hat, kann es unglaublich blockierend sein, wenn sich ein weiteres Hindernis der gleichen Sorte alleine schon am Horizont abzeichnet. Auch hier ist Systemtrading ein gutes Beispiel. Mein System hat eine Verlustrate von ca. 60-70%. D. h. rund zwei Drittel aller Trades, die ich mache, verkaufe ich mit Verlust. Das System funktioniert, weil die vergleichsweise wenigen Gewinn-Trades so viel Ertrag abwerfen, dass sie die Verluste überkompensieren. Trotzdem ist das ungefähr so, als würde man sich mit jedem Verkauf einer Verlustposition ein wenig selbst ins eigene Fleisch schneiden. Es ist unangenehm. Wenn sich der nächste Verlust abzeichnet und der Stopp greift, möchte man rein mental schon gar nicht mehr ins Depot schauen.

Hier hilft es, sich das Hindernis in der eigenen Vorstellung so zu „drehen“, dass es keine Angst mehr macht. Im meinem Fall habe ich das geschafft, indem ich so lange mit Spielgeld gehandelt habe, bis ich relativ sicher war, dass das System auf Dauer funktioniert. Und selbst damit war es das erste halbe Jahr mit echtem Ged relativ schwierig, die Trades auszuführen. Selbst bei den Gewinn-Trades habe ich mich regelmäßig gefragt, ob es nicht sinnvoll wäre, den Trade weiterlaufen zu lassen. Vielleicht steigt er noch weiter. Aber die Statistik und die Zeit haben mich vom Gegenteil überzeugt. Heute führe ich jeden Trade nur noch stur aus, so wie ihn der Computer ausspuckt. Ich prüfe regelmäßig, dass mein System keine grundlegenden Fehler macht. Aber ich hinterfrage die Regeln nicht mehr, weil ich ihnen vertrauen kann.

Auch dieses „mentale Drehen“ des Hindernisses erfordert etwas Übung, ist aber irgendwann problemlos machbar. Einer der besten Coaches, den ich in dieser Richtung hatte, ist Bodo Schäfer. Er versteht es wie kaum ein zweiter, diese Hindernisse anzugehen und zu beseitigen. In seinem Buch „Die Gesetzte der Gewinner“ geht er sehr ausführlich darauf ein, wie man sich systematisch auf Erfolg programmieren kann.

Insgesamt hilft es, sich so oft es geht bewusst über kleine Erfolge zu freuen und sich dabei vorzustellen, man hätte das große Ziel der finanziellen Freiheit bereits erreicht. Frei nach dem Motto: „Fake it until you make it“. Das mag jetzt etwas bescheuert klingen, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es wirkt. Mit kleinen Belohnungen, wie zum Beispiel einem Spaziergang in der Natur wenn man ein bestimmtes Sparziel erreicht hat, kann man sich aktiv darauf „programmieren“, den Weg zu genießen. Und dann fühlt sich das große Ziel nicht mehr ganz so weit weg an.

Fazit

Fassen wir zusammen. Der Weg zur finanziellen Freiheit besteht daraus, den Ertrag aus passivem Einkommen so weit zu steigern, dass er den Preis des eigenen Lebensstils übersteigt. Üblicherweise ist das ein langfristiger Weg. Um ihn zu beschreiten, sollte man sich auf das Ziel, das man erreichen will, bewusst einlassen.

Und schließlich ist es enorm hilfreich, den Weg zu diesem Ziel bestmöglich zu genießen. Nicht nur um sicherzustellen, dass man das Ziel auch irgendwann erreicht. Sondern insbesondere damit man bis zum Erreichen dieses Ziels auch von sich behaupten kann, gelebt zu haben – und nicht einen signifikanten Teil seines Lebens ausschließlich „malocht“, damit man anschließend erst die Früchte der Arbeit genießen kann. Ein fließender Übergang von hart arbeiten zu mehr und mehr genießen ist meines Erachtens die beste Wahl.

Hier geht es weiter mit dem nächsten Artikel aus der Serie „Grundlagen“:

2. Zum Unterschied zwischen Ausgaben und Investments

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